Josef Jenni ist Schweizer Solarpionier und Unternehmer. Er kandidiert diesen Herbst auf der Liste der BDP Bern für den Nationalrat.
Herr Jenni, Sie haben mit zahlreichen Pionierprojekten dazu beigetragen die Solar-Technik zu entwickeln und zu verbreiten. Woher kommt Ihr grosses Interesse an der Solarenergie?
Begonnen hat dies während meiner Studienzeit an der Ingenieurschule Burgdorf. Ich habe mich intensiv mit Umweltfragen und mit dem Sinn meines Lebens befasst. Für mich war klar, dass ich nur eine Arbeit machen möchte, welche den Menschen wirklich dient. Ich war 1974 Mitinitiant der Initiative für „12 autofreie Sonntage“. Der Bericht des Club of Rome hat mich tief beeindruckt und ich habe mich gegen Kernkraft engagiert. Ich wollte aber nicht nur fundamental gegen etwas sein, sondern auch konkrete Lösungen anbieten. So habe ich unmittelbar nach dem Studium meine eigene Firma gegründet und begonnen Steuerungen für Solarwärmeanlagen zu bauen.
Die Stromversorgung ist für Wirtschaft und Gesellschaft zentral. Wie schafft es die Schweiz, den zunehmenden Strombedarf (durch Elektromobilität, Wärmepumpen, digitale Währungen, etc.) auch in Zukunft zu decken?
Das ist eine enorme Herausforderung, die wir aber mit dem intelligenten Zusammenspiel verschiedener Techniken lösen können und müssen. Hier geht es um die Nutzung verschiedener erneuerbaren Energien zur richtigen Zeit, Energiespeicherung und Energiespartechniken. Und wir müssen uns auch immer fragen, welcher Verbrauch wirklich nötig ist. Strom ist sicher die wertvollste Energieform. Er macht aber nur etwa 25% unseres ganzen Energiebedarfs aus. Der bedenkenlose Ersatz anderer Energien durch Strom ist nach meiner Meinung nicht zielführend.
Wenn Sie 30 Jahre in die Zukunft blicken, wie gross wird Ihres Erachtens der Anteil an Solarstrom am gesamten Stromverbrauch sein? Welche regulatorischen Weichenstellungen braucht es, damit Ihre Vision Wirklichkeit wird?
Solarstrom steht zur Verfügung, wenn die Sonne scheint. Wenn die Kapazität von Pumpspeicherwerken sehr stark erweitert wird und Massnahmen zur zeitlichen Lenkung des Stromverbrauchs eingeleitet werden (z. B. Strompreise, welche sich nach Angebot und Nachfrage richten) sehe ich den möglichen Anteil bei 30 bis 40%.
Abgesehen von der Sonne, bleibt aber auch Wasser eine wichtige Ressource für die Produktion von erneuerbarer Energie. Die Schweiz ist das Wasserschloss Europas. Die Konkurrenzfähigkeit der weitgehend CO2-freien Wasserkraft wird hierzulande allerdings durch hohe Abgaben belastet. Aus Klimasicht ist dies fragwürdig. Wie könnte man die Wasserkraft entlasten?
Mit ihrem sehr grossen Anteil an Strom aus Wasserkraft ist die Schweiz in einer absolut privilegierten Lage. Grundsätzlich finde ich es aber falsch, wenn umweltfreundlichere Energien verbilligt werden. Wir müssen umweltbelastende Energien massiv verteuern. Nur das führt zu Minderverbrauch und auch zu einem gerechten Preis für Wasserkraft und andere erneuerbare Energien. Das eingenommene Geld sollte nicht für Subventionen im Energiebereich, sondern für allgemeine Aufgaben wie zum Beispiel AHV-Finanzierung oder Senkung der Krankenkassenprämien eingesetzt werden. Subventionen führen zu subventionsoptimierten Anlagen und können, vor allem wenn sie mit vielen schikanösen Randbedingungen versehen werden, gar kontraproduktiv sein.
Welches wären Ihre energiepolitischen Prioritäten, sollten Sie im Herbst ins nationale Parlament gewählt werden?
Als Nationalrat würde ich mich für eine funktionierende Energiewende einsetzen. Sie darf nicht nur auf Wunschdenken und Absichtserklärungen basieren. Physikalische Randbedingungen müssen akzeptiert werden. Dazu gehört auch eine grundlegende ökologische Steuerreform. Besonders wichtig ist mir auch die Bekämpfung der grassierenden Regulierungswut. Sie nimmt im Bereich der erneuerbaren Energien vielen Machern jegliche Freude an der Arbeit. Weiter brauchen wir flexible Strompreise, die sich nach Angebot und Nachfrage richten.
Was ist Ihre Energie-Sünde?
Ich wohne mit meiner Frau in einer grosszügigen, allerdings zu 100% solarbeheizten 5½-Zimmerwohnung und fahre einen Kleinwagen. Letztes Jahr waren wir in Armenien in den Ferien. Allgemein leben wir bewusst relativ bescheiden. Der wichtigste Faktor, wie umweltverträglich jemand lebt, ist zur Hauptsache eine Frage, wie viel Geld jemand für persönliche Zwecke ausgibt, respektive ausgeben kann.