Andreas Züllig ist Hotelier und Präsident von hotelleriesuisse. Er kandidiert auf der Liste der FDP Kanton Graubünden für den Nationalrat.
Herr Züllig, Sie führen mit dem Schweizerhof eines der grössten Hotels auf der Lenzerheide. Die Tourismusindustrie wird immer wieder für ihren grossen Energiebedarf und Ihren Umgang mit den natürlichen Ressourcen kritisiert. Wie gehen Sie mit diesen Herausforderungen um?
Ein Hotel mit 200 Betten braucht in der Tat viel Energie. Vor allem wenn das Hotel eine gewisse Komfortstufe hat. Mit einem Hallenbad und einer Wellnessanlage kann man nicht sparsam unterwegs sein. Auf der anderen Seite erwartet der Gast in seinen Ferien in den Bergen einen gewissen Komfort. Auch bei weniger schönem Wetter soll man etwas im Haus erleben oder sich entspannen können. Der Energieverbrauch im Hotel ist ein grosser Kostenfaktor. Deshalb sind wir schon länger daran, in die Energieeffizienz zu investieren. Das ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Wir konnten in unserem Betrieb den Heizölverbrauch in den vergangenen fünf Jahren um 80’000 Liter reduzieren. Den Stromverbrauch haben wir um 320’000 Kilowattstunden, beziehungsweise 15 Prozent gesenkt.
Im Winter, wenn die einheimische Stromproduktion tief und der Energiebedarf umso grösser ist, empfängt Ihr Haus zahlreiche Gäste. Wie sind sie darauf vorbereitet?
Wir beziehen unseren Strom aus nachhaltiger Quelle. Unser Stromlieferant ist das Elektrizitätswerk Vaz/Obervaz, welches den grössten Teil der Energie aus Bündner Wasserkraft bezieht. Übrigens war es ein Hotelier auf der Lenzerheide, der die Wasserkraft als erster für die Stromproduktion nutzte. Dazu baute er ein eigenes kleines Wasserkraftwerk. Alternative Energien wie Solarstrom sind bei uns in den Bergen im Winter leider nicht sehr effizient. Sie sind noch keine Alternative zu konventionellen Energieträgern.
Auf das Verhalten ihrer Gäste haben Sie ja keinen Einfluss. Unternehmen Sie etwas, um deren Bewusstsein für den sparsamen und nachhaltigen Umgang mit Energie und unseren natürlichen Ressourcen anzuregen?
Ja. Wir versuchen einiges um den Gast von unserem Nachhaltigkeitskonzept zu überzeugen. Wir bieten zum Beispiel Hausführungen an, um zu zeigen, wo wir in welche Massnahmen investiert haben. Der Gast kann aber auch selbst zu weniger Energieverbrauch beitragen. Zum Beispiel beim Bettwäschewechsel oder den benutzten Badetüchern. Duschen braucht weniger Energie als baden. Wir wollen unsere Gäste aber nicht erziehen. Wir können sensibilisieren und Anreize schaffen. Sehr gut funktioniert die Umstellung auf regionale und saisonale Produkte. Bei uns gibt es zum Beispiel keine Meeresfische und im Winter keine Tomaten. Die Akzeptanz und das Verständnis der Gäste sind sehr gross. Wichtig ist einfach, dass man die Gäste informiert und ihnen den Nutzen von bestimmten Massnahmen erklärt.
Die Stromversorgung ist für Wirtschaft und Gesellschaft zentral. Wie schafft es die Schweiz, den durch Elektromobilität, Digitalisierung und andere Entwicklungen zunehmenden Strombedarf auch in Zukunft zu decken?
Ich bin klar der Überzeugung, dass der technologische Fortschritt noch einiges an Möglichkeiten bringen wird. Denken wir nur daran, welche Entwicklungen in den letzten zehn Jahren in diesem Sektor stattgefunden haben. Die Digitalisierung und die künstliche Intelligenz werden uns dabei helfen, unsere Ressourcen effizienter und nachhaltiger einzusetzen. Wir können zum Beispiel den Wetterbericht und die Anzahl Gäste im Haus auswerten und unserem Hausleitsystem genau sagen, welchen Energiebedarf wir in den nächsten Tagen benötigen. Solche Möglichkeiten wird es in Zukunft vermehrt geben.
Was sind Ihre Erwartungen an die Energiewirtschaft in Bezug auf die künftige Stromversorgung?
Ich erwarte, dass die Energiewirtschaft uns dabei unterstützt, unsere Ressourcen zu schonen sowie nachhaltig und effizient zu wirtschaften.
Die FDP hat sich in der Klimapolitik kurzfristig neu positioniert. Was halten Sie davon?
Ich finde die Umfrage der FDP zu diesem Thema sehr gut. Das Resultat hat auch klar gezeigt, dass man sich an der Basis schon länger bewusst ist, dass Handlungsbedarf besteht. Es gehört zur unternehmerischen Aufgabe in die Zukunft zu investieren und nachhaltig zu handeln. Wie gesagt, das macht nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch Sinn.
Welches wären Ihre energiepolitischen Prioritäten, sollten Sie im Herbst ins nationale Parlament gewählt werden?
Wichtig scheint mir, dass die zweckgebundene und zielorientierte CO2-Abgabe beibehalten und auch für kleinere Betriebe zugänglich gemacht wird. Nicht mehr Steuern und Abgaben, sondern Anreize führen zum Ziel. Ich bin davon überzeugt, dass mit diesem liberalen Ansatz und der Verantwortung der Unternehmer die Klimaziele erreicht werden können.